Entlang des Suusamyr
Chaek - bei Suusamyr

Für die beiden pubertierenden Kinder der Familie sind wir natürlich die Attraktion. Ständig laufen sie an unserem Zimmer vorbei, da sie mittlerweile schon zum hundersten mal etwas in die Küche bringen müssen. Zufälligerweise fällt dabei immer der Blick in unsere Richtung und manches mal kann man nicht gerade undeutlich ein Kichern vernehmen. Trotzdem schlafen wir irgendwann ein und wachen am nächsten Morgen gegen acht wieder auf. Kaum haben wir alles zusammengepackt, wird der Tisch vom Vortag wieder ins Zimmer getragen. Das kann doch gar nicht wahr sein. Sollten wir etwa auch noch Frühstück bekommen? Während wir uns noch halb verdutzt ansehen, stehen schon frische Spiegeleier, Gemüse und das Brot mit der göttlichen Marmelade auf dem Tisch. Wir sind uns fast sicher, dass gleich dann wohl auch die Rechnung hereingebracht werden müsste. Wir sind bestimmt zufälligerweise an ein Gästehaus geraten. So professionell wie das hier alles abläuft und wie üppig das gesamte Essen ist, können wir gar nicht glauben, dass das alles umsonst sein soll. Seltsamerweise kommt aber keine Rechnung. Auch nicht, als wir unsere Räder schon bepackt haben und ein Erinnerungsfoto machen. Wir sind völlig baff von dieser Gastfreundschaft, die keinerlei Gegenleistung erwartet. Etwas peinlich berührt verlassen wir das Grundstück, da wir uns nur mit einigen wenigen Worten auf kirgisisch und russisch für die Unterkunft bedanken können und wir das ungute Gefühl haben der Familie gar nicht unsere wahre Dankbarkeit ausdrücken zu können.

Unsere Gastgeber Auch die Kirgisen fahren Rad

Die Straße führt zunächst leicht bergab und durch eine schattige Allee. Eine Allee! Wann sind wir das letzte mal durch eine Allee gefahren? Wahrscheinlich irgendwo in der Nähe Bishkeks. Nach den ganzen kargen Hochebenen kommen uns die Bäume wieder wie alte Vertraute vor. Neben uns plätschert ein großer Fluss und es ist angenehm kühl. Die Berge um uns herum ragen stattdessen kahl und tausendfach gefaltet auf, sodass uns die Route entlang des Flusses wie eine richtige Oase vorkommt.

Farbige Landschaft am Suusamyr

Entlang des Flusses Suusamyr führt die Piste wieder bergauf und ist teilweise versandet, teilweise aus üblem Wellblech bestehend, sodass die Fahrt recht entnervend ist. Doch die aus rotem und weißem Sandstein bestehende Landschaft entschädigt für einiges. Teilweise sind richtige Farbverläufe sichtbar, wenn ein weißer Gebirgszug langsam in einen roten übergeht.

Kirgisischer Friedhof Entlang des Suusamyr

In der kleinen Ortschaft Kysyl-Oj sehen wir hinter einem Haus die Fahrräder der sechs Spanier stehen, die wir zwar gestern am Pass überholt hatten, dafür aber heute früher in Chaek aufgebrochen waren. Da die Straße nur langsam steigt, erreichen wir erst spät am Nachmittag die Hochebene um Suusamyr und haben Schwierigkeiten einen Sichtschutz für unser Zelt zu finden. Hier oben gibt es so gut wie gar keine Bäume. Noch nicht einmal Büsche finden wir. Erst einen Kilometer vor dem einzigen größeren Ort Suusamyr gibt es ein paar Büsche in denen wir das Zelt aufstellen können. Perfekt ist dieser Platz allerdings nicht. Das Gelände ist leicht sumpfig, sodass sich im Laufe der Zeit von den Hufen der Kühe tiefe Kuhlen gebildet haben. Auch das Gras ist hier fast einen Meter hoch. Die schlimmste Plage sind aber die zahlreichen Mücken, die uns während des Kochens nerven. Wir ziehen im Endeffekt unsere langen Kleidungsstücke an und verteilen Autan auf den wenigen noch sichtbaren Hautstellen, was wenigstens Wirkung zeigt. Trotzdem haben es sich einige Fliegen zur Lebensaufgabe gemacht einem entweder direkt ins Auge oder wenigstens in die Nase zu fliegen.

Berge im Abendlicht

Als es dunkel wird, geht über den Bergen ein mächtiges Gewitter nieder. Immer wieder zucken die Blitze in einiger Entfernung über den Bergen und erleuchten diese hell. Während wir das Gewitter genießen, kreisen über uns in geringer Höhe drei Vögel. Am Anfang erkenne ich gar nicht, um welche Tiere es sich überhaupt handelt. Als ich dann bei einem der Tiere in ein richtiges Gesicht blicke, merke ich, dass es Eulen auf ihrem nächtlichen Beutezug sind.

Sonnenuntergang Gewitter