Tag 5 – Es wird südländisch...
Jons – bei Grignan

Nach dem Zeltabbau ist der Zeitpunkt gekommen an dem wir uns endgültig eingestehen müssen uns ein bisschen bei der Route verkalkuliert zu haben. Bei einer heißen Brühe ziehen wir die Karte zu Rate und beschließen nach Vienne zu fahren um von dort aus mit dem Zug bis Montélimar zu fahren. Nur so werden wir Marseille noch erreichen können. Per Telefonanruf sucht mein Vater mir freundlicherweise von zu Hause über das Internet die Abfahrtszeiten heraus. Um 11.10 Uhr soll ein Zug abfahren. Wir halten drei Stunden Zeit zum Fahren des recht kurzen Stücks für machbar.

Jedoch haben wir die Rechnung wie immer ohne den Wind gemacht. Wie immer pustet uns dieser entgegen und wir brauchen für das Stück deutlich länger. Um 11 Uhr merken wir, dass es nicht mehr zu schaffen sein wird bis zur Abfahrt anzukommen. Also lassen wir uns jetzt mehr Zeit den noch folgenden Höhenzug zu überqueren.

Auf dem Weg nach oben überholt uns ein Rennradfahrer, grüßt und ruft uns noch etwas hinterher. Über einen guten Zeitraum können wir mit seiner Geschwindigkeit mithalten, irgendwann ist er jedoch verschwunden. Oben angekommen haben wir eine wunderbare Aussicht auf das Umland. Wir befinden uns sogar auf einem Pass; dem „Col de Bel Air“. Anschließend geht es lange bergab und uns begegnet der Rennradfahrer, der mittlerweile wieder auf dem Weg nach oben ist, erneut und muss genauso wie wir grinsen.

Bis Vienne folgen nun noch ein paar Kilometer bergab. Die Straße schlängelt sich dabei zwischen den hohen Bergen und schroffen Felswänden entlang.

Vienne, welches wir gegen 13 Uhr erreichen liegt malerisch an der Rhône und im Westen erheben sich gleich die großen Berge neben dem Fluss. Viele alte und hübsche Gebäude geben der Stadt einen netten Charakter. Am Bahnhof angekommen kauft Paul die Fahrkarten, welche mit 11 € inklusive Rad sehr günstig sind.

Bis der Zug abfahren wird, werden allerdings noch zwei Stunden vergehen. So fragen wir nach einem Intermarché, überfallen diesen auch gleich und essen ein paar Meter entfernt davon unser Mittag. Wie immer wenn wir gerade am Essen sind wünschen uns viele Menschen, die vorbeigehen einen guten Appetit. Auch ein Jugendlicher ist dabei. Als er erfährt, dass wir ganz aus Deutschland mit dem Rad kommen ist er so begeistert, dass er es dem Rest seiner Clique erzählt. Doch die belächeln ihn nur und wollen ihm einfach nicht glauben.

Der Einstieg in den Zug verläuft etwas stressig, da wir nur sehr wenig Zeit zum Einsteigen haben und es keine Fahrradabteile gibt. Die Zugfahrt dauert nur eine knappe Stunde und wir werden während der Fahrt mit sensationellen Blicken auf die Berge, welche sich gleich neben der Rhône erheben belohnt. Eigentlich schade, dass wir diesen Teil nicht mit dem Rad zurücklegen können. Dann plötzlich ein Aufschrei! Was ist das? Im Osten sind sehr spitze, hohe und bizarre Felsformationen am Horizont zu sehen. Das müssen die Alpen sein! Schnell sind die „harmlosen“ Berge auf der anderen Seiten vergessen und wir kleben mit der Nase am anderen Fenster. Wahnsinn. Was für eine Sicht!

Als wir in Montélimar aussteigen weht uns sogleich ein warmer Hauch entgegen und es ist sogar im Schatten so warm, dass man mit kurzen Sachen nicht friert. Auf dem ersten Kreisel stehen sogar einige Palmen. Die Landschaft ist hier wirklich schon sehr südländisch. Auch die Häuser haben nur noch wenig mit den unseren Gemeinsam. Gelbrötliche Farben, ein ganz anderer Baustil, von einer grünen Hecke umrahmt und einige Zypressen im Garten. Ebenfalls blühen schon einige Bäume und sogar Lavendel finden wir auf einem Feld. Ab jetzt gibt es keine Zweifel mehr: Wir sind in Südfrankreich.

Ein Stück fahren wir noch an diesen Abend aus der Stadt heraus. Erst um 19.00 muss ich mir etwas über meine kurze Kleidung ziehen – so warm ist es noch. Kurz vor Grignan müssen wir noch 200 Höhenmeter herauf. Die Kehren wollen dabei nicht enden – aber man hat immerhin einen schönen Blick auf die nächtliche Landschaft. Die Gegend ist hier herrlich einsam und wir sind uns einig, dass wir im Tal keinen besser geeigneten Platz für das Wildcampen finden würden. Oben angekommen bauen wir unser Zelt im auffrischenden Wind auf und legen uns nach einer Tasse Tee und Kuchen schlafen.

Ausgaben:
11,10 € Bahnfahrt
4,09 € Essen
6,14 € Essen
0,60 € 1 Baguette

Auf dem Col de Bel Air Vienne an der Rhône Juhu! Die ersten Palmen!
Sieht alles recht südländisch aus