Bevor ich von meinen Gastgebern zum Milchkaffe eingeladen werde, hüpfe ich noch schnell unter die Dusche im etwas dreckigen Badezimmer. Früher muss das einmal das Gästehaus gewesen sein in dem wohl auch die Tochter einmal lebte. Heute wird es nicht mehr gebraucht und ist dementsprechend etwas heruntergekommen.
Als ich meine Sachen zusammenpacke, kommt noch einmal Giovanni vorbei um sich bei mir zu verabschieden. Ich weiß gar nicht wie ich mich bei den beiden Sarden für ihre grenzenlose Gastfreundschaft bedanken soll. Immer wieder danke ich und die Antwort ist jedes mal ein simples „Niente“ - gern geschehen. Eigentlich ist es fast schade diese netten Menschen wieder zu verlassen. Ich habe sie tatsächlich richtig lieb gewonnen in der kurzen Zeit.
Dann mache ich mich wieder auf den Weg und beradele die kleine Straße nach Siniscola. An einem kleinen Grundstück gewinne ich mal wieder einen Sprint gegen die heranrasenden Hunde das Herz pocht trotzdem. In Siniscola beginnt dann eine knackige Steigung und meine Knie fangen tatsächlich wieder an zu schmerzen, da ich sie mir gestern unglücklicherweise in der Hocke sitzend verdreht hatte.
Zelten im Garten | Bergauf in den Monte Albo | Blick zurück über die kurvenreiche Straße |
Mit gedrosselter Geschwindigkeit kurbele ich im kleinsten Gang die kaum befahrene Straße bergauf. Es ist schon jetzt heiß und die Kurven wollen kaum enden, was eigentlich auch kein Wunder ist: Schließlich liegen mehr als 800 Höhenmeter auf nur 15 Kilometern vor mir. An einer Abzweigung dann das Schild „Strada interrota“ Straße unterbrochen. Na super...das soll doch wohl nicht heißen, dass die Straße nicht befahrbar ist? Der Straßenverlauf lässt sich kilometerlang verfolgen, da diese direkt am Berghang angelegt ist. Kein Auto. Nicht das geringste Anzeichen, dass die Straße benutzbar ist. Aber jetzt wieder sechshundert Höhenmeter bergab zu fahren ist irgendwie auch nicht befriedigend. Ich riskiere es. Bis jetzt hat es immer irgendwie geklappt. Während die Steigung weiter die Kräfte raubt, schweift der Blick über zahlreiche Autowracks die neben mir im tiefen Abgrund verrosten. Die Leitplanke schaut auch recht neu aus...
Wunderschöne... | ...Ausblicke auf den... | ...Monte Albo |
In der Ferne ragt ein weiterer Höhenzug auf und ich fülle mein Wasser an einem Brunnen auf, welcher in einer alten Ruine zu finden ist. Dann kommt mir endlich das erste Auto entgegen und ich werde von den Bauarbeitern angefeuert, welche die Straße erneuern. Ein Erdrutsch hatte hier vor einigen Wochen die gesamte Straße mitgerissen. Mittlerweile ist eine Spur wieder befahrbar.
... |
Gegen Mittag erreiche ich das dreihundert Meter tiefer gelegene Lula und werde von den gerade vom Schulbus ausgesetzten Kindern wie ein Nationalheld gefeiert. Alle wollen sie mich grüßen, alle brüllen sie begeisternd anfeuernde Parolen. Überaus verständlich, wann kommt auch mal ein vollbepackter Reiseradler vorbei?
Kurz vor Lula | Mittagessen! |
Über zahlreiches auf und ab bahne ich mir meinen weiteren Weg in Richtung Dorgali. An einer Auffahrt (wo auch sonst?) vernehme ich lautes Bellen. Zwei Hütehunde kommen auf einer eingezäunten Weide auf mich zugerast. Ich gebe Vollgas und freue mich auf ihre blöden Gesichter, wenn sie merken werden, dass ein Zaun zwischen ihnen und dem mutmaßlichen Spielzeug liegt. Ein Blick nach hinten. Die Biester quetschen sich gerade unter dem Drahtzaun hindurch. Die Straße steigt. Das Herz pocht. Ungeahnte Kräfte werden plötzlich frei. Die Hunde sind groß. Sie sind weiß und kräftig. Und verdammt schnell! Nun aber los!! Erst sind sie beide hinter mir, dann neben mir. Dann einer links. Der andere rechts. In Gedanken sehe ich schon den ersten Hund, wie er sich in meine Tasche beist und mitschleifen lässt.
Irgendwann drehen die beiden glücklicherweise ab. Puh! Jetzt geht es erst einmal bergab und anschließend nach italienischer Straßenbaumanier wieder steil bergauf. Der Pulsschlag geht runter. Vor mir liegt ein einsames Schaf auf der Straße. Das finde ich irgendwie lustig. Was wohl so ein einzelnes Schaf hier macht? Ich beginne schon zu überlegen, wie sich das ganze fotografisch festhalten lässt. Doch dann springt das Schaf plötzlich auf und...bellt! Scheiße, verdammte! Das gibt’s doch nicht. Zwei nervende Hunde innerhalb von weniger als 3 Minuten. Wo bin ich denn hier gelandet? Bevor ich vom Rad springe, bringe ich mit einer Vollbremsung etwas Gummi auf den Asphalt. Der Hund bellt noch ein paar Mal und läuft dann den Berghang hoch. Als ich mir auch wirklich sicher sein kann, dass er verschwunden ist wage ich mich weiter. Nicht, dass der dich nachher noch von oben anspringt und niederreißt...bei diesen Tieren weiß man ja nie...
Die Straße steigt weiter. Keinen halben Meter neben mir raschelt etwas im Gebüsch. Schon den nächsten, auf den einsamen Radfahrer lauernden, Hund vermutend erschrecke ich mich so heftig, dass ich fast vom Rad falle. Dann fliegen drei aufgeschreckte Vögel in die Luft. Entwarnung. Die Nerven liegen trotzdem blank.
Gegen Nachmittag versuche ich einen Platz zum Wildcampen zu finden und scheitere kläglich. Jede Wiese ist eingezäunt oder von einem hohen Steinwall umgeben. Oder es steht eben ein Hund drauf.
Ich kapituliere für heute und gehe ins Bed&Breakfast in Dorgali. Dafür, dass ich mich in der Nebensaison befinde, darf ich immerhin noch stolze 25 Euro abdrücken.
Ausgaben:
25,00 € Bed&Breakfast