Auffahrt aufs Dach Sardinies
Dorgali - Passo Bucca e Tomanu

Am Morgen gibt es frische Brötchen sowie Milchkaffe und ich nutze die Gelegenheit mit dem Besitzer und drei Kletterern aus Bonn Smalltalk zu betreiben.

Anschließend will ich noch etwas Geld abheben, doch die Tür zum Bankautomaten lässt sich mit meiner Karte nicht öffnen. Verdammt!! Und das, wo ich nach der teuren Übernachtung kaum einen Cent im Portemonnee habe. Als der hilfsbereite Wachmann mir erläutert, dass die Karte mit dem Magnetstreifen nach oben eingeführt werden muss öffnet sich die Tür seltsamerweise doch. Wie peinlich. Dabei war sogar eine große Zeichnung neben dem Schlitz angebracht. Vielleicht bin ich noch nicht ganz wach.

Die Straße, welche aus südlicher Richtung aus Dorgali herausführt ist wieder die Nr. 125, die Orientale Sarda. Diese zieht sich entlang des Gebirgsrückens, welcher das einzige Hindernis zwischen dem Meer und mir darstellt. Neben der Straße fällt die Landschaft fast senkrecht ab und geht in ein liebliches Tal über. Das Licht ist zu so früher Stunde wunderschön. Im Tal wird viel Landwirtschaft betrieben und die Felder gleichen einem Flickenteppich. Hier und dort steigt noch Rauch aus den Kaminen der Häuser. Vor mir taucht schon wieder ein Hund auf der Straße auf, welcher sich aber gleich verzieht, als ich anhalte. Neuerdings habe ich ein paar kleinere Steine in den Trikottaschen. Nur zur Sicherheit. Man weiß ja nie. Die gestrigen Hundebegegnungen müssen meine Psyche wohl mitgenommen haben.

Blick in Richtung Dorgali Toller Blick... ...auf die Gola Su Gorruppu

Die Straße steigt relativ gemütlich und ich bin überrascht, dass auf diesr als Hauptstraße klassifizierten Route so gut wie gar kein Verkehr ist. Der Flickenteppich im Tal wird kleiner und kleiner, sodass sich bald zu meiner rechten eine tiefe Schlucht im mir gegenüberliegenden Gebirgszug auftut. Die Gola su Gorruppu ist mit 300 Metern die tiefste und engste Schlucht Sardiniens und dementsprechend beliebt bei Wanderern.

Gola Su Gorruppu

Diese Schlucht gehört bereits zum Gennargentu, dem höchsten Gebirge und Dach der Insel. Zu diesem gehört auch der höchste Gipfel Brcu. Spina mit 1829 Metern. Hier oben ist die Landschaft ist ein absoluter Traum und bald erreiche ich den Pass Genna Silana auf 1017 Metern. Plötzlich kreuzt eine Familie wilder Schweine laut grunzend die Straße. Damit hatte ich nun gar nicht gerechnet und so bleibt mir nichts anderes übrig als ihnen verdutzt hinterher zu schauen.

Bei einer längeren Abfahrt komme ich immer wieder an frei umherlaufenden Ziegenherden vorbei und erreiche später Urzulei, von wo aus ich meine Reise in Richtung Talana über eine winzig kleine Straße fortsetze. Nach einem längeren Downhill folgt der berüchtigte starke Anstieg und ich begegne Hunderten von Ziegen, die sich jedoch als äußerst scheu erweisen und sich jedem Fotoapparat entziehen.

Auf dem Pass Scheue Ziegen beobachten mich Bergige Landschaft

Da die Straße nach Villagrande mit einem dicken Schild und der Aufschrift „Strada chiusa“, Straße geschlossen, versehen ist, nehme ich die Umleitung in Richtung Villanova. Auf meiner Karte ist die Straße ab der Hälfte der Strecke jedoch als „schwer befahrbare Straße“ eingezeichnet. Nun, wir werden sehen...

Ehrlichgesagt ist die Straße eher im Moment schwer befahrbar – jedenfalls für mich. Über sechs Kilometer windet sich die Straße in zahlreichen Serpentinen mit stetigen 10% gen Himmel. Schnell klackt das Schaltwerk im ersten Gang und die Pausen werden immer häufiger. Doch der Blick wird von Kurve zu Kurve, von Höhenmeter zu Höhenmeter, immer grandioser. 15 Kilometer Luftlinie weiter ist bereits Arbatax, welches vor allem wegen seiner roten Felsen bei Touristen berühmt geworden ist. Und Arbatax liegt an der Küste. Endlich kann man seine Höhe einmal richtig sehen. Ich sehe den Meeresspiegel, über dem ich mich schließlich 1070 Meter befinde, als ich am Pass Bucca e Tomanu ankomme. Die Anstrengung hat sich gelohnt! Der Blick ist bezaubernd. Unter mir liegen die Häuser winzig klein; auch Menschen und Straßen sind kaum auszumachen. Selbst die Berge zur Küste hin liegen weit unter mir. Ich habe fast das Gefühl im Flugzeug zu sitzen.

Blick auf Arbatax Endlich oben! 1070 Meter Juhu! Was für ein Blick!

Und das Schönste ist, dass hier oben alles flach und fast vegetationslos ist. Die Entscheidung steht schnell fest. Einen besseren Übernachtungsplatz werde ich nicht finden können. Neben mir quieken wieder ein paar wilde Schweine im Unterholz und mit der Dämmerung baue ich mein Zelt im Sichtschutz einiger Sträucher auf. Am Abend schaue ich noch lange in den Sternenhimmel und träume herum. Ich liebe Übernachtungen an einsamen Orten!

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3,09 € Lebensmittel