Am nächsten Morgen ist vom Personal niemand anwesend, sodass ich mich nicht einmal verabschieden kann. Mittlerweile bin ich nur noch wenige Kilometer von Cagliari entfernt und begebe mich über diverse Straßen mit teilweise viel Verkehr in die Innenstadt. Welch ein Glück, dass heute Sonntag ist. Ich möchte nicht wissen, was hier sonst für ein Chaos geherrscht hätte.
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Pinie kurz vor Cagliari |
Den Bahnhof finde ich ohne Probleme und kaufe mir ein Ticket für die Bahn, da ich es in den wenigen verbleibenden Tagen nicht schaffe werde, wieder in den Norden der Insel zurückradeln zu können.
Als ich wieder losfahre, stelle ich fest, dass verdammt wenig Luft im vorderen Schlauch ist. So ein Mist aber auch. Anscheinend hatte sich der Flicken, mit dem ich ein Loch am Morgen geflickt hatte, wieder etwas abgelöst. Da die Luft nur langsam entwich, pumpte ich nur auf und begab mich dann auf die vierspurige Straße, welche aus der Stadt herausführte. Es herrschte sehr viel Verkehr und ich rettete mich die meiste Zeit auf dem Seitenstreifen der Straße. Links der Straße war gleich das Meer, rechts von mir eine morastige Landschaft mit vielen Wasserflächen, auf denen zahlreiche Flamingos nach Nahrung suchten.
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Flamingos |
Neben dem Verkehr stören allerdings auch die zahlreichen Fabriken und Raffinieren, die das Landschaftsbild um Cagliari herum verschandeln. Später gerate ich aus Versehen auf die autobahnähnliche Straße entlang der Küste. Links ein Lärmschutzwall. Rechts ein Lärmschutzwall. Wo diese einmal durchbrochen sind, hat man einen netten Blick zurück auf die Bucht von Cagliari. Es könnte so schön sein. Wenn man sich die zahlreichen Schornsteine und den Gestank der Chemie einmal wegdenken würde.
In Pula schmeiße ich meinen Benzinkocher an und mir platzt meine Nudeltüte, sodass die Nudeln sich in meiner gesamten Packtasche verteilen. Hmpf!
Ab Pula hat sich seltsamerweise der gesamte Verkehr in Luft aufgelöst und ich bin wieder alleine auf der Straße, die an zahlreichen Feriendörfern vorbeiführt.
Dann geht zweigt der Weg in Richtung Chia ab. Diese Straße führt entlang der Küste der Costa del Sud, der südlichsten Küste Sardiniens. In der zunächst flachen Landschaft bläst mir sogleich ein heftiger Wind entgegen. Ich glaube fast auf der Stelle zu stehen. Spätestens als es dann mit mehr als sieben Prozent bergauf geht. Als ich oben ankomme, hat man einen wunderschönen Blick auf die Küste. Nur wenige Häuser stehen am felsigen Küstenrand und in der Ferne lässt sich ein weißer Strand mit türkisblauem Wasser ausmachen. Boah! Ich bin völlig hin und weg. Wer es sich leisten kann hier ein Haus zu haben, der hat es wirklich geschafft, denke ich, während es wieder steil bergab geht.
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Die Costa del Sud... | ...glänzt mit türkisblauem Wasser |
Dann führt eine winzige, unbefestigte Straße zum Spiagga Tuerredda, der Bucht, die ich vorhin von weitem gesehen habe. Ich lasse es mir unter keinen Umständen nehmen den Strand aus der Nähe zu sehen. Der Sand ist wirklich richtig schön fein und weiß, das Wasser schillert in den verschiedensten Blau- und Türkistönen, vor der Küste liegt eine kleine felsige Insel. Es ist einfach nur herrlich! Einige mutige Menschen baden sogar schon.
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Das Wasser am Spiagga Tuerredda... |
...ist kristallklar | ... |
Dann geht es immer wieder steil bergauf und anschließend steil bergab. Und das mehrere Kilometer lang. Doch dafür wird man mit unglaublichen Ausblicken über die gesamte Küste entlohnt. Mir gefällt es hier unten tausend Mal besser, als an der weitaus bekannteren Costa Smeralda. Vorallem gibt es hier so gut wie gar keine Häuser.
In der Ferne ist das Capo Teulada zu erkenne, der südlichste Zipfel Sardiniens. Der Süden Sardiniens ist übrigens auch weiter von Rom als von Tunis entfernt.
So langsam senkt sich die Sonne in Richtung Horizont und es wird Zeit sich einen Übernachtungsplatz zu suchen. Ich fahre sechshundert Meter eine unbefestigte Schlaglochpiste zu einem Agriturismo, nur um von den Besitzern zu erfahren, dass geschlossen ist. „Auch keine Möglichkeit fürs Zelt?“
„Nein. Aber es gibt drei Kilometer weiter einen Campingplatz.“
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Blick über die gesamte Küste... | ...der Costa del Sud |
Also geht es die Schlaglochpiste zurück zur Straße und ich fahre zum Campingplatz. Innerlich stelle ich mich aber schon darauf ein, dass er wie alle anderen Campingplätze geschlossen ist. Als ich ankomme ist allerdings das Tor offen. Welch ein Glück. Ich fahre wieder über eine unbefestigte Piste noch einen knappen Kilometer, bis ich am Campingplatz an sich ankomme. Auch hier sind alle Tore geöffnet. Da hab ich doch tatsächlich einmal Glück gehabt.
„Tut mir leid, der Campingplatz ist geschlossen. Aber sie sind nicht der erste heute“. Ist ja auch kein Wunder, wenn ihr alle Tore offen lasst, denke ich im Stillen bei mir. Aber in Pula gäbe es einen Campingplatz. „Und wie weit soll der weg sein?“ „Naja, ich denke mal so 50 Kilometer.“
Nicht nur, dass ich durch den Ort schon heute Nachmittag gefahren bin, nein, sehen die Leute denn nicht, dass ich mit einem vollbepackten Fahrrad da bin? Wie soll ich denn mal eben auf die schnelle fünfzig Kilometer fahren?
Leicht angefressen fahre ich die ganzen Kilometer wieder zurück zur Hauptstraße und beschließe nach Teulada zu fahren. Dort soll es angeblich ein einziges Hotel geben. Gibt es auch. Kostet aber dann auch nur 26 Euro pro Nacht. Frühstück natürlich nicht inbegriffen. Ich schlucke einmal kräftig und nehme an. Was bleibt mir anderes übrig? Schließlich wird es bald dunkel.
Am Abend gehe ich dann noch essen und schleppe mich die endlos lange Treppe in den ersten Stock hoch. Ich kann einfach nicht mehr. Jeder Muskel tut mir beim Treppensteigen weh. Und das Zimmer ist auch nicht geheizt. Wie in keinem Hotel bis jetzt. Ruhig Blut. Erst einmal ins Bett gehen und schlafen. Morgen sieht alles besser aus. Keine drei Minuten später bin ich eingeschlafen.
Ausgaben:
10,20 € Bahnticket Decimommanu - Macomer ink. Fahrrad
26,00 € Hotel Teulada
7,80 € Restaurant