In der Welt des schwarzen Hahns, dem Chianti
Montecatini Terme – bei Greve in Chianti

Am Morgen verabschiede ich mich von dem Hotelangestellten, der mich auch bei der Ankunft empfing, und ein Kapitel für sich ist. Schon bei der Anreise brach er mit einem solchen Redeschwall über mich her, dass ich kaum wusste, was er von mir wollte. Ich konnte immer nur einige wenige Worte verstehen und raten, was er sagte. Da ich wie immer auf italienisch nach einem Zimmer fragte, hatte er anscheinend den Eindruck ich könne die Sprache perfekt.

Da der Angestellte nicht genügend Kleingeld zum Wechseln hat, spare ich sogar noch vier Euro und rolle dann am Sonntagmorgen mit vielen anderen Rennradlern zusammen aus der Stadt heraus in Richtung der Monte Albano. Dort, malerisch zwischen Weinbergen und Olivenhainen gelegen, treffe ich auf den Ort Vinci, der Leonardo da Vincis Geburtsort zu Ehren so getauft wurde. Neben Vinci-Museum und kleinen verträumten Gassen sind an diesem Morgen außergewöhnlich viele Rennradfahrer unterwegs. Italien ist einfach das Land des Radsports.

Zwischen Weinbergen und
Olivenhainen
liegt Vinci

Nach einem kurzen Abstecher in die Berge hinauf erreicht mich auch Christians SMS, dass er gut in Florenz angekommen sei und sich nun mit einer Radlerin aus Innsbruck zusammen auf den Weg in Richtung Treffpunkt mache.

Durch die typisch toskanische Landschaft rolle ich in Richtung des Flusses Arno. Zypressenalleen säumen die Straßen, sanft geschwungene Hügel mit kleinen Häuseransammlungen auf den Spitzen und gleichmäßig angelegte Weinfelder sorgen unter dem blauen Himmel für gute Laune und motivieren auch an den steileren Anstiegen zur Weiterfahrt. Über einen Schotterweg, auf dem ich vor allem bergauf aufpassen muss nicht wegzurutschen, geht es direkt querfeldein und anschließend auf Asphalt bergab an den Arno, wo ich an der langen Straße über Kilometer hinweg eine Rennradgruppe anführe. Wahrscheinlich freuen sie sich alle über meinen großen Windschatten – kein Wunder bei all dem Gepäck!

Auf der Südseite des Arnos erheben sich mittlerweile die satt begrünten Hänge vom beginnenden Hügelland des Chianti; Anbaugebiet des gleichnamigen Rotweins. Dann plötzlich Lärm auf der kleinen Straße entlang des Flusses, der seinen Weg zwischen den Bergen findet. Mich überholen mehrere Begleitfahrzeuge, wie sie bei Radrennen anzutreffen sind. Dann ein Polizeimotorrad. Noch ein Begleitwagen. Was ist denn hier los? Ich rolle so schnell es geht an der nächsten Möglichkeit von der Straße und zücke, alles stehen und liegenlassend, meinen Fotoapparat. Dann kommt auch schon das Feld eines Radrennens vorbei. Vorneweg das Motorrad mit Kamerateam. Nach einem Zisch ist auch schon alles vorbei und ein kleiner Junge freut sich wie ein Schneekönig, dass einer der Fahrer seine Trinkflasche verloren hat und nun in seinen Besitz übergeht. Während ich mich frage, in was für ein Rennen ich dort wohl geraten sei, beginnt der kräftige Anstieg, der mich über drei Kilometer und 12% Steigung aus dem Tal in die Berge bringen wird. In San Casciano verliere ich meine Route, da die Ortsdurchfahrt gesperrt ist, bekomme aber glücklicherweise Hilfe von zwei Italienern, die vom vierten Stock und ihrem Balkon herunterfragen, wo ich denn hinwolle.

Forza! Radrennen in Italien Hinauf ins Hügelland... ...des Chianti

Zum Treffpunkt mit Christian, im Ort Mercatale, schleppe ich mich mit einem fast Platten Vorderrad und esse zu Mittag, da mein Kollege noch nicht da ist. Warum er erst eine knappe Dreiviertelstunde nach mir eintrifft soll ich alsbald erfahren. Unglücklicherweise und nur mit schlechter Fotokopie meiner Karte musste er mit 12% Steigung über eine endlos lange Straße zu diesem Ort hoch fahren, nur um später mit mir genau diese wieder hinabzufahren. Hätten wir vorher gewusst, dass unser Treffpunkt für Christian so ungünstig liegt, hätten wir einen anderen gewählt.

Nach einigen Geschichten, Erlebtem von beiden Seiten und dem geflickten Platten geht es lange und steil bergab. Während ich im Geschwindigkeits- und Glückshormonrausch taumele, ist es für Christian eher deprimierend, da es sich um genau die Straße handelt, die er vorhin ganz hoch musste.

Auf ruhigen Wegen geht es nach Greve in Chianti und als wir Christians geplatzten Schlauch nach dem zu festen Aufpumpen repariert haben suchen wir uns eine Bleibe für die Nacht. Die Pensionen sind mit 80 € pro Person leider am anscheinend blühenden Tourismus orientiert und damit nichts für uns. So suchen wir uns an einer kleinen Straße außerhalb des Ortes einen Platz zum Wildcampen, kochen Nudeln, reden noch lange und bauen mit Sonnenuntergang unser Zelt hinter einigen Bäumen in ein paar Metern Entfernung zur kaum befahrenen Straße auf.

Lange Abfahrt Gemeinsames Abendessen