Wundervolles Siena und Mondlandschaften
bei Greve in Chianti – San Giovanni d’Asso

Um neugierigen Blicken zu entgehen, stehen wir am Morgen gegen fünf Uhr auf, bauen das Zelt ab und beseitigen meinen Platten am Vorderrad, indem wir unseren letzten Ersatzschlauch einlegen, von denen Christian gestern gerade erst zwei Stück mitbrachte. Seltsamerweise sind fast alle Platten auf dieser Tour nicht zu flicken, sodass mit jeder Panne ein ganzer Schlauch verloren geht.

Das grüne Hügelland des Chianti

Mit kaum Wasser arbeiten wir uns im Morgenlicht lange bergauf und gelangen nach Panzano, wo wir uns mit Brötchen, Nutella sowie Getränken eindecken und anschließend auf einer Treppe mit schöner Aussicht frühstücken.

Die bei der Abfahrt folgende Landschaft entreißt unseren Mündern immer wieder Wörter der Begeisterung, welche wir einfach teilen müssen. Grüne Hügel mit Weinfeldern und Zypressen – Italien pur!

Panzano... ...inmitten der flairvollen Landschaft

Italien pur ist jedoch auch die Tatsache, dass nach dieser Abfahrt wieder ein knackiger Anstieg über mehrere Kilometer folgt. Es ist zwar erst Vormittag, aber die Hitze setzt sich nach und nach durch und wir sind froh über unseren schattigen Rastplatz zum kurzen Ausruhen.

In Castellina, einem malerisch gelegenen Ort mit mittelalterlichem Charakter, hat der Anstieg dann glücklicherweise ein Ende und wir rollen dem zwanzig Kilometer entfernten Siena bergab entgegen. Bis Siena findet das Chianti auch sein südliches Ende, die grüne Landschaft wird langsam durch die gelbbrauen Felder und der arider wirkenderen Landschaft abgelöst. Bei einer Pause entdecken wir einen riesigen Gecko, der vor unseren Augen mit Lichtgeschwindigkeit vorbeiflitzt. Kurz darauf auch den Grund für sein schnelles Verschwinden. Eine Schlange, gut zwei Meter lang und schwarz gelb gestreift, hatte den Gecko schon auf ihren Speiseplan gesetzt.

In Siena kaufe ich in einem Fahrradgeschäft zwei neue Schläuche. Der etwas betagtere Besitzer des Ladens führt mich sogar in die Hinterräume seines Ladens um mir stolz die Zeitungsartikel von den Siegen in seiner Jugend auf seinem Rennrad zu zeigen. Auch das Rennrad bleibt mir nicht verborgen.

Siena... ...Piazza del Campo

Anschließend schieben wir über die Steinstraße bis zum riesigen „Piazza del Campo“, an den, halbkreisförmig angelegt, auf seiner geraden Seite das große Rathaus anschließt. Einmal jährlich findet hier ein großes Pferderennen mit viel Leben in der Stadt statt, wovon die zahlreichen Bilder in den Geschäften Sienas zeugen. Die Show verpassen wir leider um genau einen Tag.

Doch dafür entschädigt der Dom um einiges. Reichhaltig verziert und einfach nur schön steht das imposante Gebäude auf dem Domplatz. Wir sind tief beeindruckt von der Baukunst des angeblich schönsten Doms der Welt. Wie so viele andere auch, sollte auch dieser der größte Dom aller Zeiten werden. Der Teil, der heute noch steht , war ursprünglich nur als ein Seitenschiff geplant. Dann ging der Stadt – wie so oft – das Geld aus.

Sienas Dom Domkuppel

Nach einer Pizza im Restaurant und ein paar Umwegen aus der Stadt heraus schweift der Blick über die nun kahle Landschaft. Nackte Hügel, oben ein einsames Bauerngut. Nur eine geschlängelte Straße führt hinauf. Eingefasst von einer Zypressenallee. Das ist das Bild, welches man sofort mit der Toskana assoziiert. In Wirklichkeit ist jedoch nur die Crete so, welche sich direkt im Süden von Siena anschließt. Kaum ein Baum steht hier um in der Hitze Schatten zu spenden. Auf den geschwungenen, kahlen Hügeln setzt jeder Baum, jedes Haus einen Akzent. Interessant ist auch, dass die alten Toskaner vor einigen hundert Jahren in der erosionsgeformten Lehmlandschaft Landschaftsarchitektur betrieben haben. Jeder Weg, jede Kirche, jeder Hügel ist geplant und lässt die Landschaft unvergleichlich schön aussehen.

Kahle Landschaft... ...in der Crete Sinesi... ...bringt irren Spaß.

Durch diese traumhafte Landschaft, bei der sich die Gemüter streiten, ob man das nun hinreißend findet oder nicht, führt unsere Straße nach Asciano. Doch landschaftliche Schönheit will auch hart erarbeitet werden – die Crete ist anstrengend! Immer wieder führt einen die kurvenreiche Straße viele Höhenmeter bergauf; nur um anschließend gleich wieder um hundert Meter abzufallen. Es bewahrheitet sich eine eiserne Regel: Nach jeder Abfahrt kommt eine Auffahrt – aber nicht nach jeder Auffahrt kommt auch eine Abfahrt.

Typisches Postkartenbild

Auf der Suche nach einer Möglichkeit zum Wildcampen sind wir in dieser Landschaft ziemlich aufgeschmissen, da die kahlen Hügel keinerlei Sichtschutz bieten. Während der Fahrt in den nächsten Ort können wir die Landschaft im untergehenden Licht der Sonne noch einmal richtig genießen, da jetzt jeder Schatten die Landschaft noch geschwungener aussehen lässt und die Konturen der Hügel viel deutlicher hervortreten lässt.

Landschaft im Licht Vorsicht! Kreuzende Schafherde Am Horizont der Monte Amiata

In San Giovanni finden wir glücklicherweise ein relativ günstiges Apartment für die Nacht, nachdem mir einige ältere Damen am Dorfrand versichert hatten, dass es in diesem Ort keinerlei Bleibe für die Nacht gäbe.