Bergauf, bergab, bergauf... – Verdammt! Es reicht!
San Giovanni d’Asso – Castel del Piano

Nach dem Frühstück in der Küche des Apartments, bestehend aus Tee und einem eingeschweißten Flugzeugsnack, beladen wir unsere Räder, kaufen in dem kleinen Supermarkt des winzigen Ortes ein und rollen weiter durch die karge Landschaft.

Während der Fahrt entdecken wir auch eine ganz neue Sorte von Spinnen. Anstatt großflächige Netze zu spannen, in denen sich die Insekten während des Fluges verfangen, sind die anzutreffenden Netze ganz anderer Art. Am Boden verlaufen sie trichterförmig und ganz unten im Trichter lauert die Spinne auf Beute.

Spinne mit Trichternetz

Nach einem kleinen Schlenker geht es massiv bergab in ein Flusstal. Hier grünt es ohne Ende, die viele Vegetation bietet angenehmen Schutz vor der Sonne. In der kargen, schattenlosen Landschaft kommen uns solche Täler wie kleine Oasen vor. Aus dem Tal heraus geht es genauso steil wie hinein. Doch oben werden wir in Castelmúzio mit einem Ort der Extraklasse entlohnt, welcher – frei von Touristenströmen – die Ruhe und Beschaulichkeit eines wahrlich italienischen Dörfchens besitzt. Ein historischer Altstadtkern in dem winzigen Ort, durchzogen mit vielen kleinen engen und schmalen Gassen. Die Häuser und Treppen sind mit Blumen geschmückt, aus einem Haus dringt klassische italienische Musik. Ansonsten ist kaum ein Mensch unterwegs. An grünen Fensterläden vorbei, aus denen eine kleine, verspielte Katze neugierig guckt, über groben Steinbelag in den Gassen; zurück auf den kleinen Platz vor der Mauer, auf dem sich zwei ältere Italiener unterhalten.

Kleiner verschlafener Platz... ...in Castelmúzio. Schmales Gässchen

In diesem Ort stimmt einfach alles und wer einmal da war, der wird mir sicherlich zustimmen, dass Italien typischer nicht sein könnte. Einen Umweg hierher zu machen ist sicherlich lohnenswert. Auch wenn die Straße nach dem Ort gleich wieder mit 13% abfällt, um nach dem Flusstal wieder an Sonnenblumenfeldern vorbei anzusteigen.

Katze in Castelmúzio Sonnenblumen... ...säumen den Straßenrand

Anschließend erreichen wir Pienza, welches ebenfalls italienisches Flair pur versprüht – jedoch auch von einigen Touristenbussen belagert wird. Verlässt man allerdings die „Hauptstraße“, kann man in den kleinen Gassen fast alleine vom italienischen Leben träumen. Nach einer Frühstückspause, bei der wir zwei Münchener Radler kennen lernen, begeben wir uns in brütender Hitze nach San Quirico. Am heißesten Tag der Tour quälen wir uns auf der Straße hoch und runter. Wie schon am Vortag folgt auf jeden Anstieg eine kurze Abfahrt und anschließend ein (subjektiv) noch längerer Anstieg. Diese Landschaft, welche auf dem Höhenprofil aussieht wie ein Sägeblatt, zehrt stark von Nerven und Kondition. Beim nächsten starken Anstieg streikt dann auch Christians Knie völlig unter der starken Belastung. Nichts geht mehr. Wir machen eine längere Pause und um Christians Knie zu schonen, geht es abwechselnd schiebend oder kurze Zeit fahrend immer weiter nach oben. Verantwortlich für den starken Anstieg sind die Ausläufer des Monte Amiata, eines erloschenen Vulkans, welcher Nord- und Südtoskana voneinander trennt.

Kleines flairvolles... ...Pienza

Mit zusammengebissenen Zähnen kommt Christian bald auch wieder fahrend weiter, doch ein schmerzendes Knie drückt gewaltig auf die Stimmung und er ist bald stark missmutig, da die Straße immer wieder eine Abfahrt und einen Schlenker bereithält, wenn wir denken, es könne eigentlich nicht mehr weit sein und der Zielort müsste bereits hinter der nächsten Hügelkuppe liegen. Nach besagten Abfahrten müssen wir aber jedes Mal feststellen, dass der Ort immer noch nicht zu sehen ist. Auch ich bin frustriert von dem andauernden Hoch und Runter – besitze aber, wie Christian treffend feststellt, einfach den eisernen Willen, den Weg bis zum Campingplatz noch zu schaffen und die Berge zu bezwingen. Wenigstens bringt diese Sturheit mich immer dazu noch weiterzufahren, wenn andere liebend gerne schon aufgeben würden. Ob das nun positiv oder negativ zu sehen ist, weiß ich allerdings nicht genau.

Standarttopografie in der Crete

Als wir nach langen Steigungen endlich am Campingplatz ankommen, bauen wir in windesteile das Zelt auf, schmeißen alles nur hinein und begeben uns sofort, mehr oder minder umgezogen, in die Pizzeria des Campingplatzes. Ob wir nun entsetzlich müffeln (was wir sicherlich tun) oder nicht, ist uns im Moment ziemlich egal. Wir brauchen nur dringend etwas zu essen und anschließend vieeeeeel Schlaf. Ich kann nach diesem Tag mit Sicherheit sagen, dass er der anstrengendste in meinem Leben war und ich nicht mehr weit von meinen persönlichen Grenzen entfernt war. Selbst die Alpen waren nicht so anstrengend, da sie zwar eine lange, dafür aber kontinuierliche und damit leichter zu fahrende Steigung besitzen.